Obrasso Concerts erhält den Tourismus Award

Obrasso Classic Events GmbH erhält den Luzerner Tourismus Award 2022 für ausserordentliche Verdienste zugunsten des Tourismus. Ein Bericht von Robert Knobel, Luzerner Zeitung (05.12.2022).

Zeitungsbericht

Er lockt Zehntausende ins KKL

«Das wird doch nicht funktionieren» – die Reaktionen auf Werner Obrechts Idee waren nicht gerade ermutigend: 1998 waren alle Augen auf die Weltspitze der klassischen Musik gerichtet, die im soeben fertig gestellten KKL eine neue, spek­takuläre Bühne erhielt. Ein Blasmusikfestival passte da irgendwie nicht zu diesem glamourösen Haus. Doch, wie es Werner Obrecht heute ausdrückt: «Einmal im Leben muss man zur richtigen Zeit am richtigen Ort, mit dem richtigen Projekt sein und dazu noch etwas Glück haben.»

Jedenfalls stand zumindest der Luzerner Stadtrat hinter der Idee. Zu Recht, wie sich zeigen sollte: Das erste World Band Festival 1999 war nicht nur für Obrecht ein Überraschungserfolg, sondern auch für das KKL der Beginn einer fruchtbaren Partnerschaft: Die Firma Obrasso Classic Events, die Werner Obrecht und seinem Bruder Manfred gehört, ist heute nach dem Lucerne Festival die grösste Konzertveranstalterin im KKL.

Das World Band Festival, bei dem jeweils im Herbst Brass Bands, Blasorchester, Big Bands und Solisten aus der ganzen Welt in Luzern auftreten, steht zwar immer noch im Zentrum. Doch mittlerweile finden unter dem Obrasso-Label auch Klassik-, Jazz- und sogar Volksmusik-Produktionen statt. Rund 70 000 Personen besuchten im Vor-Corona-Jahr 2019 ein Obrasso-Konzert in Luzern. Allein die Künstlerinnen und Künstler sorgen jährlich für bis zu 2500 Logiernächte. Angesichts der Verdienste für den Luzerner Tourismus erhält Obrasso nun den Tourismus Award 2022. Dieser wurde am Samstag im KKL durch das Tourismus Forum Luzern verliehen.

Die Firma war ursprünglich (und ist es immer noch) ein Notenverlag im Brass- und Blasmusikbereich, der auch entsprechende Tonträger produziert. Für die Musikformationen, welche die Tonträger aufnahmen, organisierte Obrasso teils Konzerttourneen in der Schweiz. So wurde die Firma zur Konzertveranstalterin, die sie heute hauptsächlich ist. Neben Luzern als Hauptstandort organisiert Obrasso Konzerte in Zürich und Bern.

«Wir fahren eine populäre Schiene»

Die Abgrenzung zu den anderen grossen KKL-Veranstaltern Lucerne Festival und Luzerner Sinfonieorchester ist klar: «Wir fahren eine populäre Schiene», sagt Werner Obrecht. Dies trage massgeblich dazu bei, dass das KKL in einer breiten Bevölkerungsschicht ein positives Image hat. Er sagt: «Dank uns besuchen Leute das KKL, die sonst nie dorthin gehen würden.»

Dabei werden schon mal die Grenzen des Konzertsaals ausgelotet – etwa mit der Konzertreihe «A Circus Symphony», bei der sogar Akrobaten spezielle Luftnummern präsentieren. «Dafür mussten wir zwei Jahre lang mit dem KKL verhandeln», sagt Obrecht. So gab es zum Beispiel Fragen bezüglich Statik zu klären. Auch mit den Tattoo-Shows, die normalerweise grosse Arenen brauchen, sorgte Obrasso anfänglich für Ungläubigkeit. Doch mittlerweile gehört «Tattoo on Stage» im KKL zum festen Programm.

Obrasso ist ein klassischer Familienbetrieb: Werner Obrecht ist Managing Director, seine Frau ist Finanzchefin und sein Bruder Manfred steht regelmässig als Dirigent auf der Bühne. Auch Werner Obrechts Tochter und Manfred Obrechts Sohn sind für Obrasso tätig. Diese junge Generation wird dereinst auch die Firma übernehmen. Insgesamt arbeiten elf Personen für Obrasso Classic Events GmbH.

Leute entscheiden sich nur noch spontan fürs Konzert

Wie alle Konzertveranstalter hat auch Obrasso massiv unter der Pandemie gelitten. Werner Obrecht sagt: «Wir mussten 70 Konzerte absagen oder auf später verschieben. Von einem Tag auf den anderen hatten wir keine Einnahmen mehr.» Inzwischen sei das Publikum zurück, doch auf dem Vorkrisen-Niveau sei man noch längst nicht. Obrecht erwähnt zudem ein Phänomen, über das auch andere Veranstalter seit Ende der Pandemie klagen: Die Leute entscheiden sich extrem kurzfristig für einen Konzertbesuch. «Früher war etwa die Hälfte unserer Konzerte schon Monate im Voraus ausverkauft. Heute merkt man erst wenige Tage vorher, ob das Konzert ein Erfolg wird oder nicht». Obrecht hofft, dass sich die Lage bis Mitte 2023 normalisiert.

2024 wird das World Band Festival das 25-Jahr-Jubiläum feiern. Aus diesem Anlass ist eine Spezialausgabe mit verschiedenen Spielstätten ausserhalb des KKL geplant – sogar Konzerte auf dem Schiff soll es geben. Raus aus dem klassischen Konzertsaal – damit haben schon das Lucerne Festival oder das Luzerner Theater Erfahrungen gesammelt. Wird die Zukunft des Konzertbusiness auch für Obrasso in der Dezentralisierung liegen? Werner Obrecht sagt dazu: «Alles, was sich bewährt, ziehen wir weiter.»

Robert Knobel, Luzerner Zeitung

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