Künstler
Giuseppe Verdi schuf mit seiner am 22. Mai 1874 in Mailand uraufgeführten und von ihm dirigierten «Messa da Requiem» ein grandioses und monumentales Werk und zugleich eine der erschütterndsten und bildkräftigsten Vertonungen der Totenmesse.
Man glaubt, den Weihrauch zur Verehrung des Allerheiligsten förmlich zu riechen! Im Jüngsten Gericht, dem «Tag des Zorns», wird der Zuhörer von einem überwältigenden Schrecken erfasst, an Wucht und Ausdruckskraft kaum zu übertreffen – eine Musik, voller Inbrunst und Farbenpracht. In den schönsten und ergreifendsten Momenten der Messe offenbaren sich die himmlischen Heerscharen dem Zuhörer in einem vermeintlich ewig leuchtenden Klanggewand. Verdi lässt offen, ob das Bitten und Flehen an den Herrn aller Mächte und Gewalten nach Erlösung erhört wird – übrig bleibt am Ende die Stille.
Was macht das spektakuläre Chorwerk so besonders? Sie ist wohl beides, sowohl Oper als auch geistliches Meisterwerk. Wie kein anderer seiner grossen Vorgänger von Vertonungen des liturgischen Requiem-Textes erfasste Verdi das «Drama» dieses Textes und setzte es in packende Klangbilder um – allem voran in der überwältigenden Darstellung des «Dies irae», des Hereinbrechens des Jüngsten Gerichtes –, vermeidet aber jede opernhafte Äusserlichkeit zugunsten einer geistigen und emotionalen Tiefe. Zusammen mit Beethovens «Missa solemnis» bildet Verdis «Messa da Requiem» den unbestrittenen Höhepunkt religiöser Musik des 19. Jahrhunderts.
Die Musiker des Orchestra Filarmonica Italiana verzaubern alljährlich zehntausende Opernfans in der Arena di Verona am Arena Opera Festival. Der Coro dell'Opera di Parma gehört zu den renommiertesten italienischen Opernchören und begeistert das Fachpublikum am Teatro Regio di Parma. Die Gesangssolisten gehören zur absoluten Elite des internationalen Opern- und Konzertbetriebs. Royal Opera House Covent Garden London, Metropolitan Opera New York, Lyric Opera Chicago, Opernhaus Zürich, Bregenzer Festspiele, Festspielhaus Baden-Baden, Semperoper Dresden, Wiener Staatsoper oder Teatro la Fenice sind nur einige ihrer Stationen.
GIUSEPPE VERDI |
Messa da Requiem Introitus Sequenz (Dies irae): Offertorium Sanctus und Benedictus Agnus Dei Communio Responsorium |
Aufführungsdauer: ca. 90 Minuten (Konzert ohne Pause)
Werkbeschrieb
Unter dem Eindruck des Todes von Gioachino Rossini 1868 lud Giuseppe Verdi die seinerzeit zwölf bedeutendsten Komponisten Italiens zur Gemeinschaftskomposition einer Totenmesse ein, der sogenannten Messa per Rossini. Er selbst übernahm in diesem Requiem die Vertonung des Schlusssatzes, des «Libera me». Die Uraufführung sollte am ersten Todestag Rossinis, dem 13. November 1869, in Bologna stattfinden. Die Messa per Rossini war im September 1869 fertiggestellt, eine Aufführung kam jedoch wegen widriger Umstände nicht zustande. Das Manuskript geriet daraufhin zunächst in Vergessenheit.
Erneut beschäftigte sich Verdi mit dem Requiem-Stoff, nachdem 1873 der Dichter Alessandro Manzoni verstorben war. Verdi hatte den hoch angesehenen Manzoni, Identifikationsfigur des Risorgimento – der italienischen Nationalbewegung, deren Vertreter auch Verdi selbst war – zutiefst verehrt. Er offerierte der Stadt Mailand die Komposition einer Messe, die ein Jahr nach Manzonis Tod aufgeführt werden sollte. Die Stadt nahm dankend an. Nachdem Verdi 1871 mit der Oper Aida einen bahnbrechenden Erfolg errungen hatte, der ihm auch in Deutschland endlich zur Anerkennung verhalf, komponierte Verdi die Messa da Requiem als sein vorläufig letztes Werk.
Kirchenmusik hatte Verdi bis zu diesem Zeitpunkt lediglich während seiner ersten Ausbildungsjahre, die damals schon dreissig Jahre zurücklagen, und bei der erwähnten Teilkomposition der Messa per Rossini hervorgebracht. Angeblich studierte er während der Komposition der Messa da Requiem in Paris die Requien von Mozart, Cherubini, Berlioz und weiteren Komponisten.
Verdis Beitrag zur Messa per Rossini, das abschliessende «Libera me», wurde nun die Keimzelle für das gesamte Requiem. Verdi behielt ihn in leicht veränderter Form als Schlusssatz auch der neuen Komposition bei. Den A-cappella-Satz «Requiem aeternam» für Solosopran und Chor aus der Totenmesse für Rossini verwendete Verdi im neuen Requiem im Orchester- und Chorsatz des «Requiem aeternam» im Introitus. Die Vertonung des «Dies irae» aus der älteren Komposition wurde dreimal für textgleiche oder -ähnliche Passagen der Sequenz aufgegriffen. Verdi verwertete ausserdem eine weitere Eigenkomposition, die in der französischen Erstfassung der Oper Don Carlos als Totenklage für Posa fungierte, im «Lacrymosa».
Uraufführung
Wie vorgesehen, fand die Uraufführung am ersten Todestag Manzonis, dem 22. Mai 1874, in der Kirche San Marco zu Mailand statt. Der originale Titelzusatz «Per l’anniversario della morte di Alessandro Manzoni XXII Maggio MDCCCLXXIV» schreibt diese Aufführung als eigentliche Werkbestimmung fest. Schon im gleichen Jahr jedoch führte Verdi das Werk in Paris auf und brachte es 1875 auch nach London und Wien. Die Erstaufführungen im Deutschen Reich fanden im Dezember 1875 in Köln und in München statt, kurz darauf folgte die Erstaufführung in der Dresdner Semperoper.
Wegen des Widmungsträgers bezeichnete man einst Verdis Messa da Requiem als Manzoni-Requiem. Der Begriff war vor allem im deutschen Raum in den Jahren nach den ersten Aufführungen geläufig, wurde jedoch bereits im 20. Jh. nicht mehr verwendet. Umgangssprachlich bedient man sich heute der Bezeichnung Verdi-Requiem, während für Konzertankündigungen häufig der Originaltitel Messa da Requiem eingesetzt wird. Verdis Messa da Requiem ist, wie Berlioz’ Grande Messe des Morts und Brahms’ Ein deutsches Requiem, ein Requiem, das nicht mehr für den liturgischen Gebrauch, sondern allein für konzertante Aufführungen geschrieben wurde; daher wird es oft ironisch als Verdis beste Oper bezeichnet.
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